4.1.4 Reibungskräfte



 

Basiswissen „Reibungskräfte“


Aus dem Alltag ist bekannt, dass das Verschieben eines Körpers mit einer Kraft verbunden ist. Drückt man nur leicht, passiert nichts. Erst wenn man mit einer gewissen Kraft schiebt, setzt sich der Körper in Bewegung.
Grund für diese Erscheinung sind sogenannte Reibungskräfte. Sie treten immer auf, wenn sich Körper berühren und gegeneinander verschoben werden.
Anhand der Skizze soll die Situation veranschaulicht werden. Die Torte steht auf dem Tisch und es wirkt die Gewichtskraft F G . Kräfte, die senkrecht auf Flächen wirken, werden als Normalkräfte bezeichnet. Die Gewichtskraft entspricht hier der Normalkraft F G = F N . Wird mit einer Kraft F versucht, die Torte zu verschieben, verursacht dies eine Reibungskraft F R zwischen Torte und Tisch. Diese wirkt der Kraft F entgegen.
././Physikkurs/kraefte_reibung/images/Torte1.png
Abbildung 4.1.170: Körper auf einem Tisch (C)


In der Abbildung ist ein einfaches Modell gezeigt, wie man sich den Vorgang der Reibung vorstellen kann. Sind die Oberflächen der beiden Körper rau, verhaken sich die Ecken und Kanten ineinander und die Reibungskraft wird groß. Sind die Flächen dagegen glatt und haben keine Kanten, ist die Reibungskraft klein. Das ist durch die Länge der Pfeile angedeutet.
./_D0E6D6A7_4x.png
Abbildung 4.1.171: Einfache Skizze zur Reibung zwischen Oberflächen  (C)



  • Reibungskräfte wirken entgegen der Bewegungsrichtung und der wirkenden Kraft F .

  • Sie sind parallel zur Kontaktfläche.

  • Die Reibungskraft ist proportional zur Normalkraft und unabhängig von der Größe der Kontaktfläche.

  • Es gilt allgemein:

    F R =μ· F N .

    Der Proportionalitätsfaktor μ wird als Reibungszahl bezeichnet. Die Reibungszahl hängt von der Beschaffenheit der Oberflächen ab und wird experimentell bestimmt. Reibungszahlen oder -koeffizienten sind dimensionslos.

Erst wenn die angewendete Kraft F einen gewissen Betrag erreicht, fängt der Körper an, sich zu bewegen.
Es werden verschiedene Reibungsarten unterschieden:

  • Haftreibung: trotz Krafteinwirkung bewegt sich der Körper nicht. Der Maximalwert der Haftreibungskraft kann bestimmt werden, indem die Kraft F ermittelt wird, bei der der Körper sich zu bewegen anfängt. Es gilt dann:

    F= μ H · F N .

    μ H heißt Haftreibungskoeffizient.

  • Gleitreibung: die Haftreibung wird überwunden und der Körper setzt sich in Bewegung:

    F= μ G · F N .

    μ G wird als Gleitreibungskoeffizient bezeichnet. Der Gleitreibungskoeffizient ist kleiner als der Haftreibungskoeffizient μ G < μ H .

  • Rollreibung: ein Körper rollt auf einer Unterlage. Für den Rollwiderstandskoeffizienten gilt μ' μ G .

  • Rollreibung Gleitreibung < Haftreibung

Unter folgendem Link ist eine Animation zu den verschiedenen Reibungskräften zu finden:

Animation zur Haft-, Gleit- und Rollreibung bei Leifiphysik

Reibungszahlen sind materialabhängige Größen und müssen experimentell bestimmt werden. Einige Beispiele für Haft- und Gleitreibungskoeffizienten sind in der Tabelle aufgeführt:

Oberflächen Haftreibungszahl Gleitreibungszahl
Stahl auf Stahl, trocken 0,15 0,12
Stahl auf Eis 0,027 0,014
Bronze auf Grauguss 0,28 0,21
Holz auf Metall 0,60 0,40


Beispiel 4.1.33  
Um die Schokostreusel an den Rand einer Torte zu streuen, hält ein Konditor die Torte schräg. Der Haftreibungskoeffizient soll bei μ H =0,6 liegen. Bis zu welchem Winkel α gegen die Horizontale darf der Konditor die Torte maximal neigen, bevor sie zu rutschen anfängt?

Um diese Frage zu beantworten, betrachten wir die wirkenden Kräfte.

././Physikkurs/kraefte_reibung/images/Torte2.png
Abbildung 4.1.172: Körper auf einer geneigten Unterlage (C)



Auf die Torte wirkt die Erdanziehung, wie in der Abbildung links zu sehen ist. Die Gewichtskraft wird in eine Komponente senkrecht und eine Komponente parallel zur Auflagefläche zerlegt. Die Normalkraft F N , die senkrecht auf die Unterlage wirkt, hat keine Bewegungsänderung zur Folge, da die Unterlage eine Bewegung in diese Richtung verhindert. Die Kraftkomponente, die parallel zur Oberfläche der Unterlage zeigt, führt zu einer Beschleunigung des Körpers in diese Richtung. Sie wird als Hangabtriebskraft F H bezeichnet. Ohne Reibung würde sich ein Körper aufgrund der Hangabtriebskraft sofort in Bewegung setzen.
Für die maximale Haftreibungskraft F R zwischen Torte und Unterlage gilt:
 
F R = μ H · F N = μ H · F G ·cosα.
 
Gleichzeitig gilt für die Hangabtriebskraft F H :

F H = F G ·sinα.

Wird die Hangabtriebskraft gerade etwas größer als die maximale Haftreibungskraft, beginnt der Körper sich zu bewegen. Deshalb gilt für die maximale Schieflage der Torte:
 
μ H · F G ·cosα = F G ·sinα μ H ·m·g·cosα =m·g·sinα.
 
Damit ergibt sich ein Zusammenhang zwischen Haftreibungskoeffizient und Neigungswinkel:
 
μ H ·cosα=sinα μ H =tanα.
 
Bei einem Haftreibungskoeffizienten von 0,60 kann die Torte unter einem Winkel von etwa 31 gehalten und verziert werden.
Auf diese Weise kann experimentell der Haftreibungskoeffizient ermittelt werden.


Wenn in den folgenden Aufgabentexten nicht anders angegeben, geben Sie die Ergebnisse auf ganze Zahlen gerundet an. Bei Angaben in wissenschaftlicher Schreibweise (Exponentialschreibweise) runden Sie auf zwei Nachkommastellen.
Falls nicht anders angegeben, verwenden Sie g=9,81 m s2 .
Aufgabe 4.1.34  
 
Unter welchen Bedingungen kann die Gleitreibung zwischen zwei Flächen verringert werden?

Durch Aufrauen der Oberflächen.
Durch Auftragen eines Gleitmittels.
Gar nicht.
Indem man versucht, die beiden Flächen stärker aufeinander zu pressen.



Aufgabe 4.1.35  
 
Sie haben ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft ergattert und sind dabei, es einzurichten. Nachdem der Schrank aufgebaut ist, stellen Sie fest, dass er an der gegenüberliegenden Wand viel besser steht. Welche horizontale Kraft müssen Sie aufwenden, damit sich Ihr Schrank zu bewegen anfängt?
Ihr Kleiderschrank wiegt 80kg. Die Haftreibungszahl zwischen Schrank und Boden liegt bei μ H =0,48.

F =


Aufgabe 4.1.36  
 
Sie rutschen auf dem Spielplatz die Rutsche runter. Ihre Beschleunigung beträgt ein drittel des Wertes, den sie ohne Reibung hätte. Wie groß ist der Gleitreibungskoeffizient zwischen Ihnen und der Rutsche?
Die Rutsche besitzt eine Neigung von 35 gegen die Horizontale.

μ G =




 

Reibungskräfte (!)


Video 14: Definition der Reibung (C) .



Wie der Name sagt, entstehen Reibungskräfte, wenn Körper aneinander „reiben“, sie sich also an einem Teil ihrer Oberfläche berühren. Man unterscheidet zwischen Haftreibungskraft, Gleitreibungskraft und Rollreibungskraft. Die Stärke einer Reibungskraft hängt natürlich von der Art der Oberflächen der beiden Körper ab (rau oder glatt) sowie von der Kraft, mit der die beiden Körper an den Oberflächen aneinander gedrückt werden. Für die meisten zunächst erstaunlich ist aber die Tatsache, dass die Reibung nicht von der Größe der berührenden Oberfläche abhängt. Dies liegt daran, dass bei einer größeren Berührungsfläche sich die Kraft, die die Körper zusammendrückt, auf mehr Flächenelemente aufteilt.

 

Haftreibungskraft (!)


Video 15: Haftreibung (C) .



Video 16: Haftreibung und Normalkraft (C) .



./_815FA8AB_4x.png
Abbildung 4.1.175: Kräfte auf haftendem Körper  (C)

Wenn sich zwei Körper an zwei Flächen berühren und sich nicht gegeneinander bewegen, wirkt die Haftreibungskraft. Die beiden Flächen, bzw. ihre kleinen Unebenheiten, sind dann noch miteinander „verhakt“. Die Haftreibungskraft wirkt immer entgegengesetzt zu einer von außen einwirkenden Kraft, die versucht, die beiden Körper entlang der Berührungsflächen zu verschieben. Der Betrag der Haftreibungskraft ist immer gleich dem der parallel zur Ebene wirkenden Komponente äußeren Kraft. Anderenfalls bliebe eine Teilkraft übrig, die die beiden Körper gegeneinander beschleunigen würde. Die Haftreibungskraft wirkt bis zu einem Maximalwert, ab dem sie von der äußeren Kraft überwunden wird, so dass der Körper zu gleiten beginnt.
Diesen Maximalwert der Haftreibungskraft erhält man aus dem Reibungsgesetz:

F R | max = μ H   F N .

F N (bzw. F Zwang ) ist die Normalkraft. Dies ist die Kraftkomponente, die die Körper senkrecht zur Berührungsfläche aufeinander drückt. Die materialabhängige Größe μ H ist die Haftreibungszahl. Sie ist dimensionslos, d.h. sie hat keine physikalische Einheit.

Das Video zu Haftreibung wird überarbeitet.


Beispiel 4.1.37  
./_A8567628_4x.png
Abbildung 4.1.176: Bremsendes Autorad  (C)

Wie groß ist die maximale Bremskraft eines 0,8t schweren Autos, wenn die Räder am Blockieren gehindert werden?

Da die Räder nicht blockieren, wirkt die Haftreibung. Mit einem Haftreibungskoeffizienten zwischen Reifen und Straße von μ H =0,9 ergibt sich eine Bremskraft von F R = μ H  m g =0,9·800kg·9,81 m s2 7,1kN. Pro Rad wirkt dann jeweils ein Viertel der gesamten Bremskraft.


Skizze: Mit der folgenden interaktiven Skizze wird die Haftreibung erläutert. Ein Klotz liegt auf einer ebenen Fläche. Der Haftreibungskoeffizient μ H zwischen Klotz und Ebene kann zwischen 0 und 1 eingestellt werden. Was beobachten Sie, wenn Sie bei gegebener Normalkraft F N die angreifende Kraft F variieren? Wie groß wird die Haftreibungskraft F R maximal? Lassen Sie die angreifende Kraft auch einmal in die andere Richtung wirken. Was passiert, wenn Sie bei konstanter Kraft F die Normalkraft F N variieren?

././Physikkurs/kraefte_reibung/images/geogebra_standbild5.png
Diese Interaktion wurde mit GeoGebra erstellt (www.geogebra.org)

 

Gleitreibungskraft (!)


Video 17: Gleitreibung (C) .



./_33975174_4x.png
Abbildung 4.1.178: Reibungskraft auf gleitenden Körper  (C)

Zwischen zwei Körpern, deren Berührungsflächen sich gegeneinander bewegen („gleiten“), wirkt die Gleitreibungskraft F R . Diese wirkt stets „bremsend“. Daraus folgt, dass ihre Richtung immer entgegengesetzt zur Richtung des Geschwindigkeitsvektors der Gleitbewegung gerichtet ist.
Der Betrag der Gleitreibungskraft berechnet sich mit dem Reibungsgesetz:

F R = μ G   F N .

F N ist dabei wieder die Normalkraft. Die materialabhängige, dimensionslose Größe μ G heißt Gleitreibungszahl.

Video 18: Beispiel: Gleitreibung (C) .



Beispiel 4.1.38  
./_2AFCE404_4x.png
Abbildung 4.1.179: Gleitendes Autorad  (C)

Wie groß ist die Bremskraft eines 0,8t schweren Autos, wenn die Räder blockieren?

Da die Räder blockieren, wirkt die Gleitreibung. Mit einem Gleitreibungskoeffizienten zwischen Reifen und Straße von μ G =0,3 ergibt sich eine Bremskraft von F R = μ G  m g =0,3·800kg·9,81 m s2 2,4kN.


Skizze: Mit der folgenden interaktiven Skizze wird die Gleitreibung erläutert. Ein Klotz liegt auf einer ebenen Fläche. Der Gleitreibungskoeffizient μ G zwischen Klotz und Ebene kann zwischen 0 und 1 eingestellt werden. Was beobachten Sie, wenn Sie die Normalkraft F N variieren? Was passiert, wenn Sie den Geschwindigkeitsvektor v verändern? Lassen Sie diesen auch einmal in die negative x-Richtung zeigen.

././Physikkurs/kraefte_reibung/images/geogebra_standbild6.png
Diese Interaktion wurde mit GeoGebra erstellt (www.geogebra.org)





Wenn im Aufgabentext nicht anders angegeben, geben Sie die Ergebnisse auf ganze Zahlen gerundet an. Bei Angaben in wissenschaftlicher Schreibweise (Exponentialschreibweise) runden Sie auf zwei Nachkommastellen.
Falls nicht anders angegeben, verwenden Sie g=9,81 m s2 .