8.1.1 Was ist eine Welle?



 

Basiswissen „Unterschied Schwingung und Welle “


Überall dort, wo sich in der Natur oder Technik etwas periodisch bewegt, können Schwingungen und Wellen entstehen. Als erstes wollen wir uns Gedanken über die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede von Schwingungen und Wellen machen.

Was ist eine Schwingung?

Unter einer Schwingung versteht man den periodischen Bewegungsvorgang eines einzelnen Körpers, der sich in bestimmten Zeitabständen wiederholt. Voraussetzungen für eine Schwingung sind:

  • Störung einer Gleichgewichts- bzw. Ruhelage, um die herum sich ein einzelner Körper bewegen kann.

  • Eine Rückstellkraft, die den Körper in die Gleichgewichtslage zurückbringen möchte (z.B. auf Grund von elastischen Eigenschaften des Körpers, oder Gravitation).



In der Skizze ist die Schwingung eines Körpers um seine Ruhelage gezeigt. In der Abbildung oben bewegt sich der Körper von links nach rechts und wieder zurück. In der Abbildung unten bewegt sich der Körper vertikal auf einer Linie immer wieder auf und ab. Die rückstellende Kraft ist beides mal symbolisch durch die Federn dargestellt.

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Abbildung 8.1.1: Darstellung einer Schwingung.  (C)

Beispiele für Schwingungen sind:

  • Uhrpendel

  • Radaufhängung

  • Schaukel

Was ist eine Welle?

Für die Entstehung einer Welle wird ein schwingungsfähiges System benötigt, also nicht nur ein einzelner Massepunkt, sondern viele Massepunkte. Diese Punkte stehen jeweils in Wechselwirkung mit ihren Nachbarn. Jeder einzelne Massepunkt ist in der Lage Schwingungen um seine Ruhelage auszuführen. Diese Störung eines einzelnen Punktes breitet sich, aufgrund der Kopplung zwischen den Massen, im ganzen System aus. Jeder hat dieses Phänomen schon gesehen, z. B. wenn ein Stein ins Wasser fällt und sich auf der Oberfläche kreisförmige Wellen ausbreiten.

Beispiele für Wellen sind:

  • Wasserwellen

  • Licht

  • Erdbebenwellen

  • Schallwellen

Als Beispiel, für ein schwingungsfähiges System, können mit Federn verbundene Kugeln dienen. Die Kugeln sollen sich entlang einer Geraden befinden. Betrachten wir der Einfachheit halber zunächst ein System, bei dem sich die Kugeln nur quer zur Verbindungslinie bewegen können. Das ist durch die roten Pfeile in der Skizze angedeutet. Wird die erste Kugel aus ihrer Ruhelage entfernt, dehnt sich die Feder zum Nachbarn und beschleunigt die zweite Kugel. Die zweite Kugel bewegt sich nach oben. Dabei spannt sich die nächste Feder und beschleunigt die dritte Kugel und bremst aber gleichzeitig die zweite Kugel, die sich aufgrund der Trägheit über die neue Position hinaus bewegen würde. Dieses Wechselspiel aus Feder spannen und entspannen setzt sich aufgrund der Kopplung der Massen im System fort. Man spricht von einer Welle.

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Abbildung 8.1.2: Eine Störung bewegt sich entlang gekoppelten Federn von links nach rechts.  (C)

Folgt auf die Auslenkung des ersten Körpers direkt eine gleich große Auslenkung in die entgegengesetzte Richtung, kehrt das erste Teilchen wieder in seine ursprüngliche Position zurück. Man spricht von einem Wellenberg. Bewegt sich der Massenpunkt im Anschluss um den gleichen Weg in die andere Richtung und dann zurück zur Startposition entsteht noch ein Wellental. Das benachbarte Teilchen durchläuft wegen der Kopplung die gleiche Anregung. Der Wellenberg und das Wellental laufen durch das gesamte System. Im folgenden Bild ist das schematisch dargestellt. Gezeigt sind Momentaufnahmen des Systems zu verschiedenen Zeitpunkten, beginnend bei t0 . Die Welle läuft entlang der x-Achse von links nach rechts. Die Auslenkung der Massen erfolgt in y-Richtung.

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Abbildung 8.1.3: Ein Wellenberg bewegt sich von links nach rechts.  (C)

Ist die Welle räumlich ausgedehnt und breitet sich in einer Ebene aus, spricht man anstelle von einem Wellenberg von einer Wellenfront. In einer Wellenfront schwingen die Teilchen identisch, das bedeutet alle Teilchen der Wellenfront sind zu einem Zeitpunkt von ihrer Ruhelage gleich weit entfernt. Man sagt die Teilchen schwingen gleichphasig.
Ein Teilchen das sich bewegt, trägt kinetische Energie. Durch die Kopplung der Teilchen untereinander wird diese kinetische Energie von Teilchen zu Teilchen übertragen. Die Welle transportiert also Energie entlang ihres Weges.

Eine Welle ist ein Bewegungsvorgang in einem Medium (z.B. Luft), das sich aus vielen einzelnen, schwingungsfähigen und gekoppelten Teilchen (z.B. Luftmoleküle) zusammensetzt.
Sobald ein Teilchen des Mediums ausgelenkt wird, breitet sich die Störung auf Grund der Kopplung mit den benachbarten Teilchen als Welle aus (Ausnahme: Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen).
Durch eine Welle kann Information (z.B. Energie) übertragen werden (roter Pfeil). Im Bild läuft die Welle von links nach rechts durch das Medium.


Da sich eine Welle im Medium ausbreitet, kann für sie eine Ausbreitungsgeschwindigkeit bestimmt werden. Der erste Massenpunkt soll zum Zeitpunkt t=0 aus seiner Ruhelage ausgelenkt werden. Die Störung breitet sich entlang des Systems der Länge L aus. Zum Zeitpunkt t=T hat die Störung das System durchlaufen. Diese Gegebenheiten sind in der Skizze dargestellt.

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Abbildung 8.1.4: Schema zur Berechnung der Ausbreitunggeschwindigkeit.  (C)

Bewegt sich die Welle um die Strecke L und benötigt dazu die Zeit T, kann ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit mitberechnet werden:

c= L T

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c ist nicht identisch mit der Geschwindigkeit der einzelnen Teilchen des Systems. Sie beschreibt nur, wie sich die Störung im System ausbreitet und wird als Phasengeschwindigkeit bezeichnet. Für die Phasengeschwindigkeit von Wellen wird oftmals die Variable c verwendet.


Aufgabe 8.1.1  
Welche Aussagen über Schwingungen und Wellen sind richtig? 
Eine Schwingung weist eine zeitliche Periodizität auf.
Eine Schwingung weist eine räumliche Periodizität auf.
Eine Welle weist eine zeitliche Periodizität auf.
Eine Welle weist nur eine räumliche Periodizität auf.
Eine Welle besteht aus aus sehr vielen zueinander verschobenen Schwingungen.
Eine Welle und eine Schwingung haben nichts gemeinsam.
Es gibt keinen Unterschied zwischen Schwingungen und Wellen.
 


Aufgabe 8.1.2  
Welche Aussagen über die Ausbreitung von Wellen in einem Medium sind richtig? 
Bei einer Welle bewegt sich das Medium in Ausbreitungsrichtung fort.
Bei einer Welle schwingen die Massenpunkte um ihre Ruhelage.
Die Massenpunkte im Medium bewegen sich mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle.
Bei einer transversalen Welle stehen Schwingungs- und Ausbreitungsrichtung senkrecht aufeinander.
Die Massenpunkte schwingen bei einer longitudinalen Schwingung in Ausbreitungsrichtung der Welle.
Zwischen longitudialen und transversalen Wellen gibt es keine Unterschiede.
 


Aufgabe 8.1.3  
Eine La Ola-Welle breitet sich in einem Sportstadion aus. Sie startet an einer Ecke des Stadions. Nach einer Zeit von t=140s ist die Welle einmal durch die gesamten Ränge gelaufen und wieder am Ausgangspunkt angekommen. Berechnen Sie die Phasengeschwindigkeit der Welle. Die Länge einer Runde im Stadion soll s=700m betragen.


c =



 

Was ist eine Welle? (+)
Video 1: Was ist eine Welle (C) .

Oszillierende Systeme können die Ausbreitung von Schwingungen im Raum bewirken. Die sich ergebenden Phänomene werden als Wellen bezeichnet. Wellen sind eine weit verbreitete, in verschiedenen Formen auftretende und im Detail komplexe Erscheinung.

Man unterscheidet prinzipiell zwischen mechanischen Wellen (Ausbreitung ist an ein Medium gebunden, dessen Partikel mechanisch oder durch Kräfte gekoppelt sind) und elektromagnetischen Wellen (Ausbreitung ist auch im Vakuum möglich). Der Auslöser einer mechanischen Welle ist eine Störung des Mediums, die sich dann räumlich im Medium ausbreitet. Dabei wird keine Materie transportiert, sondern Energie. Alle Partikel des Mediums führen eine Schwingung um ihre Ruheposition aus, die sich räumlich nicht verschiebt.

Es gibt zwei grundlegend verschiedene Ausbreitungsformen:
Transversale Welle: Auslenkung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung
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Abbildung 8.1.5: Transversale Welle (C)

Beispiel 8.1.4  
Ein gespanntes Seil wird auf der linken Seite kurz ausgelenkt. Man kann sich das Seil aus vielen Massenelementen zusammengesetzt vorstellen, die miteinander gekoppelt sind. Die Störung (Auslenkung) wird mit konstanter Geschwindigkeit weitergegeben.
Longitudinale Welle: Auslenkung in Ausbreitungsrichtung
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Abbildung 8.1.6: Longitudinal Welle (C)

Beispiel 8.1.5  
Eine Lok wird an einen Güterzug gekoppelt und dabei der Puffer (Feder) zusammengedrückt. Diese Störung (Auslenkung) wird an die benachbarten Wagons weitergegeben und breitet sich mit konstanter Geschwindigkeit längs des Zuges aus.
Ausbreitungsgeschwindigkeit
Bei einer Welle breitet sich eine Störung (z.B. die Auslenkung eines Teilchens) mit einer konstanten Geschwindigkeit c aus. Der Betrag dieser Geschwindigkeit hängt vom Medium ab, in dem sich die Welle bewegt.
Klassifizierung von Wellen bzgl. ihrer Dimension:
1-dimensionale Welle

Wellenfront ist ein Punkt

Beispiel: Seilwelle (z.B. Gitarrensaite)
././Physikkurs/wellen_welle/images/1dimensionale_welle.png (C)  
2-dimensionale, ebene Welle

Wellenfront ist eine gerade Linie

Beispiel: Wasserwelle nach linienförmiger Anregung (z.B. Wellenbad)
././Physikkurs/wellen_welle/images/2dimensionale_welle.png (C)  
2-dimensionale, kreisförmige Welle

Wellenfront ist eine kreisförmige Linie

Beispiel: Wasserwelle nach punktförmiger Anregung (z.B. Steinwurf)
././Physikkurs/wellen_welle/images/2dimensionale_kreisfoermige_welle.png (C)  
3-dimensionale, ebene Welle

Wellenfront ist eine ebene Fläche

Beispiel: Ebene Schallwelle in einem Kanal/Rohr
././Physikkurs/wellen_welle/images/3dimensionale_ebene_welle.png (C)  
3-dimensionale, kugelförmige Welle

Wellenfront ist eine kugelförmige Fläche

Beispiel: Licht oder Schall bei Ausbreitung von einer punktförmigen Quelle
././Physikkurs/wellen_welle/images/3dimensionale_kugelfoermige_welle.png (C)


Im Zusammenhang mit allen Wellen treten vielfältige Effekte auf, von denen im Folgenden zunächst einige nur aufgezählt werden:
  • Interferenz in Raum und Zeit,

  • Amplituden- und Frequenzmodulation,

  • Wellenzüge,

  • Stehende Wellen, Schwingungsmoden, Eigenfrequenzen,

  • Normalschwingungen,

  • Reflexion, Brechung, Beugung,

  • Bugwellen, Stoßwellen, Oberflächenwellen etc.



Auf einige dieser Effekte wird später genauer eingegangen.